Erstaufnahmeeinrichtung - Pro und Contra

Stellungnahme des Ortvorsitzenden Jürgen Dethlefsen zur Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in seiner Rede anlässlich des Neujahrsempfanges am 14. Januar 2024

Meine Damen und Herren,

die Welt entwickelt sich immer mehr zu einem Pulverfass! Ich will hier die vielen Brennpunkte, die bereits bestehen, und die, die selbst durch freie Wahlen noch in diesem Jahr dazu kommen können, gar nicht erst aufzählen. Sie sind hinlänglich bekannt. Fakt ist: die Anzahl der Staaten, aus denen Menschen flüchten, nahm im letzten Jahr deutlich zu. Mit weiteren ist zu rechnen. Diese zusätzlichen Fluchtbewegungen spüren wir auch in Boostedt.

Ein Beispiel: Ende Mai fand die Stichwahl für das Präsidentenamt in der Türkei statt. Es gewann mit knappem Vorsprung der Amtsinhaber Recep Erdogan. Die Flucht von vielen politischen Gegnern, sollte Erdogan gewählt werden, wurde befürchtet. Ende Oktober befanden sich erstmals in unserer EAE, Flüchtlinge mit türkischem Pass. Mit 441 Menschen war das sofort die zweitstärkste Nationalität. Die allerneuesten Zahlen ergeben noch eine Steigerung auf Platz 1!  

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Als Position der CDU Boostedt habe ich auf dem letzten Neujahrsempfang zur Liegenschaft EAE in Boostedt gesagt, dass mit Auslauf des Vertrags, Ende November 2024, keiner Fortsetzung zugestimmt wird. Jedoch hat sich die Situation für aufnahmepflichtige Kommunen, und das sind ausnahmslos alle, die keine EAE haben, dramatisch verschlechtert, mit gravierenden Folgen aus mehreren Gründen:

Ursachen sind: 

  • Der unablässige, unkontrollierte Zustrom von Flüchtlingen
  • die Unfähigkeit unserer Bundesregierung, Lösungen zur Begrenzung auf die Flüchtlinge zu schaffen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anerkannt werden
  • die sehr zögerliche Abschiebung von nicht anerkannten Flüchtlingen
  • die zeitlich und in der Höhe unberechenbar und kurzfristig erfolgenden Zuweisungen in die Kommunen
  • die mittlerweile völlige Überschreitung der finanziellen Belastbarkeit vieler aufnehmenden Gemeinden

Hat man eine veränderte Lage, so muss man die neuen Fakten berücksichtigen und über getroffene Entscheidungen neu befinden. Nüchtern-sachlich und emotionslos betrachtet muss man die Tragweite der anstehenden Entscheidung zum Fortbestand der EAE gegenüberstellen:

Zunächst der Ist-Zustand mit der EAE:

  • mit zeitweise über 2.000 Flüchtlingen eine viel zu hohe Belegung und somit Belastung im öffentlichen Raum, insbesondere für Anwohner im Ortskern
  • Angst vor Übergriffen beim Einkauf, auf der Straße, vor allem in der Dunkelheit                                                                                     
  • Selbst auferlegte Bewegungsfreiheit insbesondere junger Mädchen und Frauen
  • Vermehrte Unterbringung von Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive, somit erhöhtes Risiko aggressiven Fehlverhaltens

Dazu:

  • Anrechnung der zum Stichtag vorhandenen Flüchtlinge auf die Einwohnerzahl zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen, was für Boostedt ca. 440.000 Euro pro Jahr zusätzlich in die Haushaltskasse spült (ukrainische Staatsbürger sind davon ausgenommen).
  • Keinerlei Kosten und Ausgaben, die unseren kommunalen Haushalt belasten
  • Keine Zuweisung von Flüchtlingen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz, zur dauerhaften Unterbringung
  • Verhandlung auf Augenhöhe mit dem Sozialministerium über die Ausgestaltung eines neuen Vertrags
  • Besondere Berücksichtigung bei Investitionen anderer Ministerien der Landesregierung

Demgegenüber steht bei keiner vertraglichen Fortsetzung der EAE

  • eine Abwicklung zur Beendigung wird 1 -2 Jahre dauern, allein um adäquaten Ersatz zur Aufnahme dieser Größenordnung zu schaffen
  • Boostedt wird die sofortige Zuweisung von Flüchtlingen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz erhalten. Dies bedeutet nach derzeitigen Zahlen eine Schlüsselzuweisung für das Amt Boostedt-Rickling, die Aufnahme von 170 – 210 Flüchtlingen
  • Die Schlüsselzuweisungen erfolgen auf Basis der jährlichen Flüchtlingszahlen berechnet.

Das bedeutet, jedes Jahr weitere Zuweisungen von Menschen, für die Boostedt in jeder Hinsicht zu sorgen hat! Unterbringung? Wo denn bitte schön in Boostedt? Freier Wohnraum ist kaum vorhanden. Unterbringung also bis auf weiteres in öffentlichen Gebäuden: der Turn- oder Sporthalle etwa?

Es bedarf Weiteres:

  • eine umfangreiche Betreuung jedes einzelnen Flüchtlings im täglichen
  • mehr Mitarbeiter in der Verwaltung
  • Zusätzliche KITA- und Schulplätze
  • Durchführung von Sprachkursen
  • Mehr Ordnungskräfte

All‘ das muss organisiert, personell ausgestattet und aus unserem kommunalen Haushalt bezahlt werden! Zwar gibt es finanzielle Unterstützung seitens Land und Bund. Diese Zuweisungen werden jedoch immer geringer und wer auf die dauerhafte Zahlung des Bundes hofft, dem ist eh‘ nicht mehr zu helfen. Mittlerweile sind viele Kommunen völlig am Ende.  Das betrifft sowohl die Aufnahmekapazität als auch ihre finanzielle Situation. Sie sind ganz einfach zahlungsunfähig geworden!

Dies würde auch Boostedt drohen!

Unsere, über Jahre, ja Jahrzehnte erwirtschafteten hohen Rücklagen für fortlaufende Investitionen in die Zukunft Boostedts, wären schnell abgeschmolzen, ohne die Möglichkeit, diesen Aderlass zu beenden. Übrigens: wer glaubt, die zugewiesenen Flüchtlinge könnten ja in den Gebäuden der jetzigen EAE untergebracht werden, der irrt! Eine Nutzung der Räume durch die Kommune wäre auch nach Räumung nicht möglich! Das heißt also: letztendlich verteilte Unterbringung in unserer Gemeinde in angemieteten Wohnungen, und zwar dauerhaft! Denken wir doch nur mal an die Reaktionen der Anlieger und Nachbarn in anderen Gemeinden und Städten!!

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Nur um eins nochmal klar und deutlich zu sagen: Die Entscheidung zur Fortsetzung der EAE ist noch nicht gefallen! Entgegen der Äußerung von Sozialministerin Toure, bedarf es zuvor einvernehmliche, für Boostedt akzeptable Verhandlungsergebnisse, damit eine Mehrheit der Gemeindevertreter einer zeitlich begrenzten Fortsetzung zustimmen wird. Die Verhandlungen mit dem Sozialministerium für einen Anschlussvertrag werden in Kürze beginnen.

Zur eigenen Meinungsfindung sollten aber die Boostedter Bürgerinnen und Bürger über das Für und Wider einer Fortsetzung der EAE, und die daraus resultierenden Konsequenzen informiert sein, bevor sie ihr eigenes Urteil zu dieser brisanten Entscheidung fällen!

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Ich wünsche Ihnen einen gesunden, einen glücklichen und sehr erfolgreichen Verlauf des Jahres 2024!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!!

 

Jürgen Dethlefsen, Ortsvorsitzender der CDU Boostedt